Austria: Frächter aufgepasst! – Die Gerichtsstandsklausel gehört in den schriftlichen Frachtvertrag
27 May 2020Lukas-Florian Gilhofer
Oberster Gerichtshof 22.01. 2020, 7 Ob 150/19p
Die CMR regelt nicht, welche Form die Gerichtsstandsvereinbarung haben muss. Stattdessen ist dazu auf die EuGVVO 2012 abzustellen. Nach Art 25 Abs 1 EuGVVO 2012 muss eine Gerichtsstandsvereinbarung in folgender Form geschlossen werden:
a. schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung,
b. in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder
c. im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.
In der E 7 Ob 150/19p skizziert der Oberste Gerichtshof, was für ihn dem Formgebot für eine Gerichtsstandsklausel genügt und was nicht. So führt er dazu aus wie folgt:
Zu den Anforderungen des Art 25 Abs 1 lit b EuGVVO 2012 kann im Lichte bestehender Rsp davon ausgegangen werden, dass das wiederholte – jeweils nach Vertragsabschluss erfolgte – Versenden von Lieferscheinen und Rechnungen, die ua auch eine Gerichtsstandsklausel aufweisen und im Rahmen einer länger andauernden Geschäftsbeziehung unbeanstandet gelassen wurden, noch keine wirksame Gerichts-standsvereinbarung begründen, wenn aufgrund der abweichenden Verhandlungssprache keine klar und deutlich zum Ausdruck kommende Willenseinigung zwischen den Parteien vorliegt.
Die in Art 25 Abs 1 lit c EuGVVO 2012 geregelte Formalternative verzichtet nicht auf eine Willenseinigung der Vertragsparteien, vermutet aber eine solche, wenn in dem betreffenden Geschäftszweig ein Handelsbrauch über die Form der Gerichtsstandsvereinbarung besteht, den die Parteien kannten oder kennen müssen. Die Kl hat zwar im erstinstanzlichen Verfahren behauptet, dass es in der Transportbranche dem Handelsbrauch entspreche, dass auftraggebende Hauptfrachtführer stets einen Gerichtsstand am Sitz des Unternehmens vereinbaren bzw in den Ladeaufträgen vorgeben. Daraus folgt aber noch nicht zugleich iSd Art 25 Abs 1 lit c EuGVVO 2012, dass die Bekl einen solchen angeblichen Handelsbrauch, genauer die Übersendung nicht in der Verhandlungssprache verfasster „Ladevereinbarungen“ ohne deutlichen Hinweis auf eine darin vorgesehene Gerichtsstandsvereinbarung, kannte oder kennen musste und dass die Beteiligten im betreffenden Geschäftszweig eine solche Vorgangsweise allgemein kennen und regelmäßig beachten.
Im vorliegenden Fall haben die Parteien sämtliche Frachtverträge telefonisch vereinbart. Die Voraussetzung der Schriftlichkeit nach der 1. Alternative des Art 25 Abs 1 lit a EuGVVO 2012 ist daher nicht erfüllt. Sofern bei den telefonischen Vereinbarungen ein Gerichtsstand überhaupt thematisiert worden sein sollte, könnte der später übermittelte Ladeauftrag eine schriftliche Bestätigung iSd 2. Alternative des Art 25 Abs 1 lit a EuGVVO 2012 sein. Der darin enthaltene pauschale Hinweis auf die (in deutscher Sprache verfasste) „Ladungsvereinbarungen“ weist aber weder konkret auf eine darin enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung hin noch ist diese Landungsvereinbarung in der ausschließlich englischen Verhandlungssprache verfasst (vgl RS0113570 [T8]). Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen – übereinstimmenden – Parteiwillen erkannten, die Kl durch eine Gerichtsstandsvereinbarung zu begünstigen, so hält sich diese Beurteilung des Einzelfalls im Rahmen der Rsp (vgl RS0113571 [insbT4; vgl auch T6]; RS0114193 [T2]).
Im Ergebnis bleibt, dass die Entscheidung einen guten Einblick zulässt, was für den Obersten Gerichtshof dem Formgebot des Art 25 EuGVVO 2012 zu Vereinbarung einer Gerichtsstandklausel genügt und was nicht.
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