Börsen-Äquivalenz CH/EU: Juncker diskriminiert Deutschland und Merkel stimmt zu!
10 January 2018Manfred Küng
Die Börse Stuttgart ist der führende Parketthandelsplatz in Deutschland. Am 7.12.2017 konnte sie mitteilen, dass sie die Mehrheit der BX Swiss AG als eine der beiden Schweizer Börsen übernommen hat und so für sich einen Zugang zum interessanten schweizerischen Markt geschaffen hat, was strategische Bedeutung hat.
Die Finanzmarktrichtlinie (RL 2004/39/EG; MiFID) wurde 2004 von der EU zur Harmonisierung der Finanzdienstleistungen erlassen. Sie wurde am 3. Januar 2018 durch die neue Finanzmarktrichtlinie (RL 2014/65/EU; MiFID II) und die Finanzmarkt-Verordnung (VO EU 600/2014; MiFIR) abgelöst, die einschneidende Änderungen beinhalten. So werden beispielsweise die Wertpapierhändler in der EU verpflichtet, Aktien an einer in der EU zugelassenen Börse oder an einem gleichwertigen Drittlandhandelsplatz zu handeln (Art. 23 MiFIR). Die Europäische Kommission entscheidet darüber, welche Börsen ausserhalb der EU als gleichwertiger Drittlandhandelsplatz gelten.
Um als gleichwertiger Drittlandhandelsplatz zu gelten, müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein (Art. 25 Abs. 4 lit. a al. 4 RL 2014/65/EU):
- die Märkte unterliegen einer effektiven Beaufsichtigung,
- es bestehen klare Vorschriften über die Zulassung von Wertpapieren zum Handel,
- die Wertpapieremittenten unterliegen bestimmten Informationspflichten; und
- Insidergeschäfte und Marktmanipulationen werden strukturell verhindert.
Mit drei verschiedenen Durchführungsbeschlüssen (Amtsblatt der EU L 331 vom 14.12.2017 zu 2017/2318, 2017/2319, 2017/2320) vom 13. Dezember 2017 wurden die Börsen Australiens, Hongkongs und der USA unbefristet als gleichwertig eingestuft, weil sie die vier genannten Voraussetzungen erfüllen. Mit Durchführungsbeschluss (Amtsblatt der EU L 344 vom 23.12.2017 zu 2017/2441) vom 21. Dezember 2017 wurden die Börsen der Schweiz (SIX Swiss Exchange; Berne eXchange von der BX Swiss AG) als gleichwertig eingestuft, weil sie die vier genannten Voraussetzungen erfüllen.
Die Äquivalenz des Schweizer Rechtsrahmens wurde allerdings nicht nur bis zum 31. Dezember 2018 befristet (Ziff. 30), vielmehr behält sich die Kommission vor, die Schweizer Regeln im Jahr 2018 regelmässigen Prüfungen zu unterziehen und bei jeder dieser Neubewertungen den Äquivalenzbeschluss gegebenenfalls sofort aufzuheben (Ziff. 31). Begründet werden diese beiden diskriminierenden Einschränkungen damit, dass mit dem Äquivalenzbeschluss den Schlussfolgerungen des Rates vom 28. Februar 2017 Rechnung getragen werden soll, um beim institutionellen Rahmenabkommen den Abschluss zu erzwingen.
Das Kabinett Merkel hat der diskriminierenden Behandlung der Schweizer Börsen und mithin der Berne eXchange von der BX Swiss AG zugestimmt und damit die Benachteiligung der Börse Stuttgart in Kauf genommen. Es ist in der Geschichte der EU wohl einzigartig, dass die deutsche Regierung der Diskriminierung deutscher Tochterunternehmen in der Schweiz zustimmt.
Fazit:
Die EU anerkennt, dass neben Australien, Hongkong und den USA die Schweizer Börsen die vier Voraussetzungen für die Börsen-Äquivalenz erfüllen.
Die EU diskriminiert die Berne eXchange von der BX Swiss AG als Tochterunternehmen der Stuttgarter Börse nicht nur wegen der Befristung der Äquivalenz auf den 31.12.2018. Vielmehr nimmt sich die EU die Freiheit, die Schweizer Regeln im Jahr 2018 regelmässigen Prüfungen zu unterziehen und bei jeder dieser Neubewertungen den Äquivalenzbeschluss zum Nachteil der Börse Stuttgart gegebenenfalls sofort aufzuheben.
Das Kabinett Merkel hat dieser Verletzung der Interessen der Börse Stuttgart zugestimmt!
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Dr. Manfred Küng, Rechtsanwalt & Senior Partner
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